Zeit für Kultur
  Kultur in verlassenen Räumen
 


SCANDALUM CRUCIS

In der Basilika St. Gereon Palmsonntag 2012



 

Am Kreuz scheiden sich die Geister: Für den einen das Zeichen des geschundenen Gottesknechtes Jesus. Ein hingerichteter Körper mit Wunden an den Händen und Füssen, herausgetretenen Rippen, mit einem Antlitz schrecklich anzuschauen und doch das Symbol göttlicher Liebe !
Für den anderen die Erinnerung an unvorstellbares Leid, das im Namen des Kreuzes und des Gekreuzigten begangen wurde.



Der Philosoph Walter Jens hat in zwei bewegenden Vorlagen die tragische Verstrickung von Judas und Pilatus, der Protagonisten unter dem Kreuz, in den Mord an Jesus untersucht. Mit ätzender Rhetorik, geschliffenen Plädoyers und harter Analyse durchdringt er die Fragen von Schuld und Sühne und nach der Verantwortung menschlichen Handelns. Das Scheitern beider Protagonisten wird so zum zeitübergreifenden Lehrstück für die unausweichliche Folgen menschlicher Maßstabslosigkeit und ethischer Entgrenzung.

Der Autor kennzeichnet Pilatus primär als Zyniker und Symbol skrupellos praktizierter, staatlicher Macht. Judas hingegen lässt er in seinem leidenschaftlichen, fiktiven Dialog mit dem Gekreuzigten scheitern.  Dieser wird damit letztlich zur tragischen Figur persönlichen Versagens, wofür Juden über Jahrhunderte hinweg missbräuchlich in Haftung genommen wurden.






Musik und Theater in der Kirche - Köln - MEMOS texte & musik



Eckhardt Kruse-Seiler, Buch und Regie, hat die beiden Bearbeitungen von Walter Jens miteinander verknüpft. Dabei zeigen sich überraschende Überschneidungen in den „Karrieren“. Dass sie für alle Beteiligten tödlich enden liegt im historischen Befund.

Im Mittelpunkt der Aufführung steht das Kreuz. Ludger Hinse, bildender Künstler aus Recklinghausen, hat es nach Gesprächen mit dem Gestaltungsteam eigens für diese Aufführung geschaffen.
Seine Botschaft ist, Jesus als verborgene Kraft des Lebens darzustellen, gleichsam als mystische Vergegenwärtigung der Passion. Die Beziehung zum Blutrot des Dekagons von St. Gereon, seit der Antike eine Gedenkstätte der Märtyrer, wird durch die aufwendige Lichtregie eindrucksstark verdeutlicht. Die musikalische Gestaltung der Passion Jesu hat in den christlichen Kirchen eine reiche Tradition.


Für die Aufführung in St. Gereon wurde das Werk Die Sieben Worte Jesu am Kreuz mit Solisten, Chor und Instrumenten von Heinrich Schütz gewählt. Von der Regie werden die einzelnen Passagen so in den Text eingefügt, dass sie in ihrer klaren Sprache einen ebenso eindringlichen wie faszinierenden Kontrast bilden.
Die Aufführungen   sind bewusst für den Palm­sonntag und den darauf folgenden Montag vor­gesehen, dem Beginn der Karwoche und damit der Leidensgeschichte Jesu. Das jubelnde Hosianna des Einzuges in Jerusalem währt nur kurz schroff wird der Wohlklang abgelöst. Das Drama verlangt Vollzug.


 


Scandalum Crucis

Judas      Andreas Strigl

Pilatus    Björn Lukas

 
 
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